Unser letzter gemeinsamer Moment habe ich so in Erinnerung: Am 1. Januar gehe ich am Abend in die Gästeküche im 1. Stock, wo ich für den kranken Kater ein paar Liegeflächen eingerichtet hatte. Zwei Tage zuvor war ich mit ihm bei der Tierärztin gewesen, weil er seit einigen Tagen sichtlich abgeschlagen war. Sie hatte ihn gründlich untersucht, seine abgebrochenen Zähne behandelt und ihn mit einem neuartigen Schmerzmittel versorgt. Er hatte nicht nur zwei abgebrochene Zähne, sondern auch Arthrose am linken hinteren Sprunggelenk. Aber die Tierärztin meinte, diese beiden Symptome alleine würde seine deutliche Abgeschlagenheit nicht erklären, zumal er ja Schmerzmittel erhalten hatte.

Der Kater lag nicht auf einer seiner Decken, sondern versteckt hinter der Clivie in der hintersten Ecke der Küche, was gar nichts Gutes vermuten liess. Ich sprach ihn an, versuchte ihn hervorzulocken, aber er kam nicht. Ein sehr schlechtes Zeichen, denn die letzten Tage war er immer zu mir gekommen, auch wenn ihm das Gehen schwerfiel, und nahm gerne Streicheleinheiten entgegen.

Ich wandte mich ab und wollte schon wieder nach unten gehen, da kam er doch noch hinter der Pflanze hervor und setzte sich hin. Ich streckte ihm etwas Le Parfait auf dem Zeigefinger entgegen. Er schleckte es ab. Ich streckte ihm noch zwei kleine Portionen hin, die er beide annahm. Ich schöpfte etwas Hoffnung, weil er endlich wieder etwas Nahrung zu sich nahm. Die Tage zuvor hatte er nämlich kaum gegessen und getrunken.

Danach liess ich ihn in Ruhe und ging wieder in den unteren Stock.

Später am Abend entdeckte ihn Marianna vor dem hinteren Hauseingang bei der Kellertüre. Er war offensichtlich tot umgefallen, nachdem oder während er sich versäubert hatte. Es muss kurz vorher passiert sein, denn der Kater war noch ganz weich und warm. Ich hob ihn hoch, streichelte ihn, sprach ihm zu, weinte und trug ihn die Treppen hoch und legte ihn wieder auf seinen Liegeplatz in der Küche oben vor dem Fenster, aus dem er immer wieder hinausgeschaut hatte.

Zampanò liebte es, in Kisten und auf dem Heu zu schlafen. Aber ich merkte schon im Frühling, dass irgendetwas nicht in Ordnung war mit ihm.


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